Übung 1

John Snow

Analysieren Sie John Snows Vorgehen entlang des Forschungsprozesses: Forschungsfrage – Hypothese – Design – Datenerhebung – Datenauswertung – Interpretation.

Lösung 1

  1. Forschungsfrage: Was ist die Ursache des Cholera-Ausbruchs im Londoner Stadtteil Soho im Jahr 1854? Snow wollte herausfinden, wodurch sich die Krankheit verbreitet – insbesondere, ob es einen Zusammenhang mit den Wasserquellen gibt.

  2. Hypothese: Cholera wird nicht durch „schlechte Luft“ (Miasma) verursacht, sondern durch verunreinigtes Trinkwasser, das von bestimmten Pumpen stammt.

  3. Studiendesign: Es handelt sich um eine analytische Beobachtungsstudie. Snow plante keine systematische Intervention oder zufällige Zuweisung, sondern analysierte einen bestehenden Krankheitsausbruch retrospektiv anhand räumlicher Daten.

  4. Datenerhebung: Er kartierte die Wohnorte der erkrankten Personen und erfasste, welche Wasserpumpen sie genutzt hatten. Diese Informationen bezog er aus Beobachtungen und öffentlichen Aufzeichnungen.

  5. Datenauswertung: Durch die visuelle Darstellung (Karte) stellte er fest, dass sich die meisten Erkrankten in der Nähe der Broad-Street-Pumpe aufhielten. Es zeigte sich eine klare räumliche Häufung der Fälle um diese Wasserquelle. \(X\) = Wasserpumpe, \(Y\) = Erkrankung.

  6. Interpretation: Snow interpretierte die Daten dahingehend, dass verunreinigtes Wasser aus der Broad-Street-Pumpe die wahrscheinlichste Ursache für den Ausbruch war. Seine Interpretation lieferte starke Hinweise auf einen kausalen Zusammenhang – auch wenn dies mit den damaligen Mitteln nicht definitiv bewiesen werden konnte.

Bemerkung: Die spätere Entfernung des Pumpengriffs war eine Intervention, aber nicht Teil des Studiendesigns. Sie diente der Gefahrenabwehr, nicht der Hypothesenprüfung. Trotzdem lieferte die Intervention weitere Evidenz gegen die Miasma-Theorie. In der Forschung ist es typisch, dass der Prozess mit einer Beobachtungsstudie ins Rollengebracht wird, worauf dann Interventionsstudien folgen.

Übung 2

Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und Mortalität

  • Lesen Sie das Abstract dieser Studie.
  • Analysieren Sie die Studie entlang der sechs klassischen Schritte des quantitativen Forschungsprozesses: Forschungsfrage – Hypothese – Studiendesign – Datenerhebung – Datenauswertung – Interpretation.
  • Welchem Gegenstandsbereich ist die Studie zuzuordnen?
  • Verwenden Sie eine geeignete PICO-Variante und benennen Sie die entsprechenden Aspekte.

Lösung 2

  1. Forschungsfrage: Wie verändert sich der Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität (PA) und dem Risiko für Gesamtmortalität in Abhängigkeit vom Alter? Zudem: Wie verändert sich dieser Zusammenhang bei anderen veränderbaren Gesundheitsfaktoren (z. B. Nichtrauchen, gesundes Gewicht, kein Alkohol, etc.) über verschiedene Altersgruppen hinweg?

  2. Hypothese: Nicht direkt ersichtlich. Man könnte davon ausgehen, dass die Forschenden vermuten, dass körperliche Aktivität in allen Altersgruppen mit einer niedrigeren Mortalität assoziiert ist, wobei die Schutzwirkung mit steigendem Alter zunimmt.

  3. Studiendesign: Prospektive Beobachtungsstudie (Kohortenstudie). Konkret werden die Daten aus vier Kohortenstudien kombiniert.

  4. Datenerhebung:

  • Exposition (\(X\)): Selbstauskunft zur körperlichen Aktivität in der Freizeit (Fragebogen).

  • Outcome (\(Y\)): Todesfälle wurden durch nationale Todesregister erfasst.

  • Weitere Variablen (\(X\)): Alter, Bildungsniveau, Rauchverhalten, Alkoholkonsum, BMI, Bluthochdruck, Diabetesstatus.

  • Beobachtungszeit: Median 11,5 Jahre.

  1. Datenauswertung:
  • Cox-Regression (hazard ratios) zur Modellierung des Sterberisikos in Abhängigkeit von der PA.

  • Analysen getrennt nach Altersgruppen (z. B. 20–29, 30–39, … ≥80 Jahre).

  • Interaktionseffekte geprüft: Hat das Alter den Zusammenhang zwischen PA (und anderen Faktoren) und Mortalität modifiziert?

  • Ergebnis: Höhere PA war in allen Altersgruppen mit geringerer Mortalität assoziiert, am deutlichsten jedoch bei älteren Menschen.

  1. Interpretation:
  • Körperliche Aktivität bleibt ein konsistenter protektiver Faktor über die gesamte erwachsene Lebensspanne.

  • Für andere Gesundheitsverhaltensweisen nimmt der Einfluss auf das Sterberisiko mit zunehmendem Alter ab.

  • Die Förderung von Bewegung ist daher altersunabhängig essenziell, während andere Präventionsstrategien gezielter auf jüngere Zielgruppen ausgerichtet werden könnten.


Die Studie ist dem Gegenstandsbereich „Prognostik“ zuzuordnen.

Begründung:

Es wird untersucht, wie verschiedene Faktoren (körperliche Aktivität, Bildungsniveau, Rauchverhalten etc.) das künftige Risiko (Prognose) für Gesamtmortalität beeinflussen. Es handelt sich um eine prospektive Kohortenstudie, die prognostische Zusammenhänge über die Zeit verfolgt. Ziel ist die Einschätzung des Einflusses modifizierbarer Gesundheitsfaktoren auf den zukünftigen Krankheitsverlauf (hier: Sterblichkeit).

Alternativ könnte man auch Aspekte aus dem Bereich „Ätiologie“ diskutieren, da Ursachen- bzw. Zusammenhangsforschung betrieben wird, aber der Fokus liegt auf der Vorhersage (Prognose) des Sterberisikos, was typisch für Prognostik ist.


Für diese Studie ist die PFO-Struktur (Population – Prognostic Factors – Outcome) am besten geeignet, da es sich um eine prognostische Kohortenstudie handelt. PFO-Struktur angewandt auf die Studie:

P (Population): Erwachsene im Alter von 20 bis 97 Jahren aus vier grossen Kohorten (USA, UK, China, Taiwan).

F (Prognostic Factors):

  • körperliche Aktivität (Leisure-time PA)

  • hoher Bildungsstand

  • Nichtrauchen

  • kein regelmässiger Alkoholkonsum

  • gesundes Körpergewicht

  • kein Bluthochdruck

  • keine Diabetes

O (Outcome):
- Gesamtmortalität.

Übung 3

Lösung 3

Welchem Gegenstandsbereich ist die Studie zuzuordnen?

Die Studie ist dem Bereich Intervention/Prävention zuzuordnen, da sie die Wirksamkeit einer präventiven Massnahme (Fallschirm) zur Verhinderung von schweren Verletzungen oder Tod untersucht.

Welches sind die PICO-Elemente?

  • P (Population): Personen, die sich im freien Fall befinden (bei einem Sturz aus grosser Höhe).

  • I (Intervention): Verwendung eines Fallschirms.

  • C (Control): Kein Fallschirm (oder Placebo-Intervention).

  • O (Outcome): Tod oder schwere Verletzungen (Injury Severity Score > 15).

Was ist die Take-Home Message?

Obwohl Fallschirme als lebensrettend gelten, existieren keine randomisierten kontrollierten Studien (RCTs), die ihre Wirksamkeit belegen. Die Studie illustriert, dass nicht alle Interventionen einer RCT-Prüfung unterzogen werden können oder müssen – besonders wenn der Nutzen offensichtlich ist. Evidenzbasierte Medizin sollte pragmatisch sein und berücksichtigen, dass in manchen Fällen Beobachtungsdaten ausreichen, um wirksame Interventionen zu belegen.

Weitere Beispiele, wo RCTs nicht sinnvoll sind:

  • Bluttransfusion bei akutem Blutverlust: Ein RCT, der Patienten absichtlich keine Bluttransfusion gibt, wäre ethisch problematisch. Dennoch ist der Nutzen von Bluttransfusionen bei massivem Blutverlust anerkannt.
  • Raucherentwöhnung: Es gibt keine randomisierten Studien, in denen Menschen langfristig zum Weiterrauchen „gezwungen“ wurden, um den Schaden mit Nichtraucher:innen zu vergleichen. Trotzdem ist klar belegt, dass Rauchen massiv gesundheitsschädlich ist.
  • Verzicht auf stark verarbeitete Lebensmittel: Auch hier gibt es kaum RCTs über Jahre, aber epidemiologische Daten weisen auf einen Zusammenhang mit schlechter Gesundheit hin.

Übung 4

Eigene Fragestellung

  • Identifizieren Sie (alleine oder zu zweit) eine Problemstellung aus dem eigenen Berufsalltag.
  • Ordnen Sie den Gegenstandsbereich zu
  • Definieren Sie die die PICO-Elemente (bzw. die Elemente einer anderen PICO-Version)
  • Formulieren Sie eine vollständige, wissenschaftliche Fragestellung
  • Formulieren Sie eine wissenschaftliche Hypothese
  • Welches Studiendesign wäre am besten geeignet, um die Frage zu beantworten?
  • Finden Sie eine passende Studie (z.B. in PubMed)?

Lösung 4

NA - besprechen wir im Plenum